Puzzles in der Spielzeugauswahl und -bewertung – Spielzeugforscher Dr. Volker Mehringer im Interview
Nach welchen Kriterien wähle ich Spielzeug für mein Kind aus? Welche pädagogischen Effekte lassen sich durch ein Puzzle erzielen? Und welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei meinem Spielzeugkauf? Na, habt ihr euch schon einmal Gedanken über all diese Dinge gemacht? Vermutlich nicht, denn vieles davon läuft intuitiv und unterbewusst ab. Und genau das haben wir uns zum Anlass genommen, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Denn: Spielen, und hier insbesondere Puzzeln, ist wieder voll im Trend! Spätestens seit Beginn der Pandemie ist das Puzzle-Fieber wieder voll entbrannt. Um euch dazu wissenschaftlich fundiertes und unabhängiges Wissen zu vermitteln, haben wir uns einen echten Experten dafür geschnappt: Spielzeugforscher und Pädagoge Dr. Volker Mehringer.
Dr. Volker Mehringer
Der studierte Pädagoge hat seine berufliche Tätigkeit voll und ganz dem Spielen und Spielzeug verschrieben. Als Spielzeugforscher geht er den verschiedensten Thematiken auf diesem Gebiet auf den Grund. Sein umfangreiches Wissen dazu vermittelt er regelmäßig an seine Studenten an der Universität Augsburg. Neben seinem vielfältigen Berufsbild widmet er sich außerdem noch Vereinen, wie z.B. Spiel gut e.V., und bringt dort seine Expertise ein.
Das Puzzle als Spielzeug
Hallo Herr Mehringer! Sie sind ja der Experte in der Spielzeugforschung. Wie würden Sie daher das Puzzle als Spielzeug bewerten?
Das Puzzle ist nach wie vor ein unheimlich tolles und auch sehr vielseitiges Spielzeug. Unabhängig vom jeweiligen Alter kann es ganz unterschiedliche, positive Effekte auf die körperliche und geistige Entwicklung haben. Und obendrauf ist es auch noch eine schöne und unterhaltsame Beschäftigung.
Welche Rolle nimmt das Puzzle als Spielzeug heute und im Vergleich zur Zeit vor 20 Jahren ein? Hat sich das Puzzle in seiner Bedeutung als Spielzeug verändert?
Beim Puzzle gibt es, genauso wie bei anderen Spielzeugen auch, gewisse Auf- und Abbewegungen. Auf Phasen, in denen das Puzzle sehr gefragt ist, folgen Phasen, in denen es eher weniger Beachtung findet. Aktuell befinden wir uns eher in einer Zeit, in der das Puzzle sehr stark zu einem Trend-Produkt avanciert ist und einen klar erkennbaren Boom erlebt. Die Corona-Pandemie war hier mit Sicherheit einer der Haupttreiber dieser Entwicklung. Durch die viele Zeit zuhause haben viele nach einer Beschäftigung für sich selbst, die Kinder oder auch die ganze Familie gesucht und so zum Puzzle zurückgefunden. Auch in meinem privaten Umfeld konnte ich die erneute Faszination für das Thema Spielen und Puzzeln wahrnehmen. Wie sich das Ganze jedoch entwickelt, wenn die Pandemie wieder vorbei ist, lässt sich nur schwer vorhersagen.
Allgemein gehört das Puzzle aber zu den klassischen Spielzeugen und ist ein gewisser Dauerbrenner. Es gibt vermutlich kaum einen, der noch nie gepuzzelt hat oder kein Puzzle besitzt, sei es für sich oder seine Kinder. Das aber wieder leichte Hoch- und Tiefphasen in dieser Branche kommen ist sehr realistisch. Natürlich gibt es auch immer wieder kleine Gimmicks, wie z.B. personalisierbare oder 3D-Puzzles, die hier Trends setzen können. Aber das Grundprinzip des Puzzelns ist nach wie vor das gleiche, welches auch historisch weit zurückverfolgt werden kann und Menschen schon seit dem 18. Jahrhundert begeistert.
Haben Sie durch Ihr aktuelles Forschungsprojekt schon Erkenntnisse ziehen können, inwieweit Kinder und auch Erwachsene ein Puzzle zum Spielen beurteilen?
Speziell zum Thema Puzzeln wurden keine expliziten Daten gesammelt. Jedoch ist das Puzzle im Zuge der Projektdurchführung immer mal wieder thematisiert worden. Sei es z.B. durch Kinder, die sich ein Puzzle zum Spielen gewünscht haben, oder auch durch die Eltern, die das Puzzle als Spieltätigkeit gut für ihren Nachwuchs bzw. sich selbst erachtet haben. Im Zuge unseres aktuellen Projektes ist aber auch deutlich geworden, dass Eltern, oder auch Fachkräfte und Erzieher, Kindern oft Spielzeug an die Hand geben, mit dem sie selbst gerne gespielt haben oder sogar immer noch spielen. Und das Puzzle zählt hier ganz klar dazu.
Sind Sie der Meinung, ein normales Puzzle aus Pappe kann sich gegen die immer mehr technisierten Spielzeuge der Kinder durchsetzen?
Ja, definitiv! Allerdings muss diese Thematik auch immer etwas differenziert betrachtet werden. Hoch technisierte Spielzeuge sind per se nicht schlecht und müssen ihren Mitstreitern aus dem klassischen Bereich nicht das Wasser abgraben. Es kann durchaus ein schönes Nebeneinander von technisierten und nicht-technisierten Spielzeugen im Kinderzimmer geben. Und auch traditionelle Spielzeuge profitieren heutzutage in einem gewissen Umfang von der fortschreitenden Digitalisierung. Beim Puzzle haben sich dadurch zum Beispiel ganz neue Möglichkeiten aufgetan. Jeder, der möchte, kann heutzutage auch online seine Lieblingsmotive legen oder puzzleähnliche Spiele durchführen, bei denen zumindest ein Teil des Spielprinzips von Puzzles nachempfunden werden kann. Durch diese neu gewonnene Flexibilität erhöht sich bei dem ein oder anderen auch die Puzzlebereitschaft. Während früher beispielsweise während des Urlaubs das Puzzle oft zuhause bleiben musste, da es zu sperrig und umständlich zu transportieren war (selbst mit Puzzlerolle oder –koffer), kann es heute ganz einfach auf dem Handy, Tablet oder PC mitreisen. Jedoch muss hier auch festgehalten werden, dass durch das Online-Spielen wichtige, feinmotorische und haptische Aspekte wegfallen, die wiederum wichtig für die Entwicklung sind. Dennoch tragen diese digitalen Puzzle-Erlebnisse zur allgemeine Beliebtheit von Puzzles mit bei.
Wie schafft man es, dass Kinder sich für das Puzzle entscheiden, und nicht für das hochtechnisierte Spielzeug?
Kinder bringen in vielen Fällen schon eine gewisse Grund-Begeisterung für ein Spiel mit. Gerade durch ihren noch sehr ausgeprägten Entdeckergeist freuen sie sich oftmals auf neue Herausforderungen. Wenn sie bereits in jungen Jahren mit ersten Puzzle-Tätigkeiten konfrontiert werden, sprechen Kinder oft auch später gut auf das Puzzle an. Darüber hinaus stehen Eltern noch verschiedene weitere Möglichkeiten zur Verfügung, den Kleinen das Puzzeln schmackhaft zu machen. Eine Variante ist hier beispielsweise, sich zusammen mit dem Nachwuchs hinzusetzen und gemeinsam ein Puzzle zu starten. Kinder freuen sich im Allgemeinen sehr darüber, wenn sich ihre Eltern bewusst Zeit für sie nehmen und gemeinsam mit ihnen spielen. Schon alleine durch die elterliche Zuwendung gewinnen sie meist Freude und einen gewissen Spaß an der Tätigkeit. Zudem können den Kleinen auch erste hilfreiche Tricks und Kniffe beigebracht werden, die ihnen ihre weitere Puzzle-Tätigkeit erleichtern.
Pädagogische Effekte
Halten Sie Puzzles für pädagogisch wertvoll, bzw. welche Kriterien muss ein Puzzle erfüllen, um als pädagogisch wertvoll eingestuft zu werden?
Spielen an sich ist meist schon eine durch und durch pädagogisch wertvolle Tätigkeit, auch wenn die Spielzeuge nicht explizit als „pädagogisch wertvoll“ deklariert wurden. Denn das Spielen, und damit auch das Puzzeln, ist eng verknüpft mit der eigenen Entwicklung und dem eigenen emotionalen Empfinden. Gerade das Puzzle bringt hier viele, wertvolle Eigenschaften für die Kleinen mit. So kann es z.B. auf der emotionalen Ebene für Entspannung sorgen. Nach einem stressigen Schul- oder Arbeitsalltag hilft es beim Entschleunigen und bringt einen auf andere Gedanken. Oftmals werden beim Spielen auch Flow-Effekte erzielt, sodass der aktuelle Spieltrieb einen voll und ganz fesselt und Zeit und Raum ausgeblendet werden.
Es gibt allgemein so viele positive Aspekte im Spiel, sodass gesagt werden kann: Ein gutes Spielzeug ist oftmals schon eins, mit dem intensiv und begeistert gespielt wird. Und das Schöne daran ist auch, dass Kinder nicht spielen, weil sie wissen, dass sie damit ihre körperliche und geistige Entwicklung fördern, sondern einfach weil es ihnen Spaß macht und kurzweilig und unterhaltsam ist.
Inwiefern beeinflusst Puzzeln die soziale und motorische Entwicklung von Kindern? Welche Eigenschaften können Kinder beim Puzzeln lernen?
Das Puzzle ist sehr breit aufgestellt, was die positiven Effekte auf Körper und Geist betrifft. Allen voran sind natürlich die kognitiven Auswirkungen offensichtlich. So werden z.B. durch das Puzzeln das Vorstellungsvermögen, das räumliche Denken und der Sinn für Formen positiv beeinflusst. Zudem verstärkt sich die Auge-Hand Koordination und das logische Denken. Auch das Erkennen von Zusammenhängen profitiert.
Kinder lernen sehr viel durch das Puzzeln. Durch den Fokus auf immer neue Lücken und Teilchen werden sie aktiv mit Problemen konfrontiert, für die es passende Lösungsstrategien zu finden gilt. Es braucht eine gute Taktik, um schnell zum Endergebnis zu kommen. Das kann z.B. erst das Rand-Legen oder das Sortieren nach Farben sein.
Wenn es dann mal nicht auf Anhieb mit den richtigen Teilen klappt, kann das verständlicherweise auch frustrieren. Aber auch diese Frustrationstoleranz ist wichtig für die persönliche Entwicklung. Und oftmals erwächst genau daraus auch ein gewisses Selbstbewusstsein, das für viele Bereiche im Leben relevant ist.
Die emotionale Ebene wird natürlich auch beeinflusst, denn Puzzeln kann auch Entspannung sein. Eng verknüpft mit dem Emotionalen ist auch das Soziale. So lässt sich das Puzzle wunderbar als gemeinschaftliches Erlebnis gestalten, wenn Geschwister, Freunde oder auch die Familie mitpuzzeln. Das Interagieren in der Gruppe und das sich Absprechen sind wichtige soziale Prozesse.
Alles in allem lässt sich sagen, dass das Puzzle sehr positiv auf die kindliche Entwicklung einspielt. Aber auch Erwachse können durch aktives Puzzeln noch bestimmte Eigenschaften trainieren. Und genau das ist es auch, was das Puzzle an sich so interessant macht aus pädagogischer Sicht.
In welchem Alter ist der Förder-Effekt, den Puzzles haben können, am höchsten?
Puzzeln kann grundsätzlich in jedem Lebensalter positive Effekte auf die Entwicklung haben. Es gibt hier natürlich aber Kernphasen, in denen stärker profitiert wird als zu anderen Zeitpunkten. Gerade die ersten Lebensjahre bis zum Jugendalter sind beispielsweise solche Phasen. Oftmals geht die Entwicklungsförderung ja schon früh los, z.B. mit Steckspielen in der Kinderkrippe, welche dem Puzzle sehr ähnlich sind, bevor es im Kindergarten und in der Grundschulzeit dann mit richtigen Puzzles weitergeht. Danach flacht es etwas ab, was aber nicht heißt, dass die Entwicklungspotentiale damit ausgeschöpft sind.
Viele Förder-Effekte von Puzzles sind auch noch im Erwachsenenalter relevant. Geduld, Entspannung oder auch die Hand-Auge-Koordination sind hier noch relevant. Auch im sehr hohen Alter profitieren Menschen noch vom Puzzeln. Hier wird es dann oft auch zu therapeutischen Zwecken eingesetzt, z.B. um die Feinmotorik und die Koordination wieder zu stärken.
Gibt es eine Tendenz, wer beim Puzzeln mehr lernen kann – Jungs oder Mädchen?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Natürlich gibt es Personen, denen Puzzeln mehr liegt als anderen und die daher von dieser Tätigkeit mehr profitieren können, jedoch ist das kein Argument um zu sagen, Du sollst jetzt puzzeln und du nicht. Grundsätzlich ist Puzzeln eine Tätigkeit, die allen zugutekommen und für jeden wichtige Entwicklungseffekte mit sich bringen kann.
Wie gut können sich Kinder alleine mit einem Puzzle beschäftigen?
Das Schöne am Puzzle ist, dass es von der sozialen Form des Spielens so vielseitig ist. Es ist ein Spiel, das wunderbar alleine, aber auch sehr gut in der Gruppe gespielt werden kann. Auch fließende Übergänge sind möglich, wenn z.B. alleine mit einem Puzzle gestartet wurde, kann es jederzeit in der Gruppe fortgeführt werden und umgekehrt. Jeder kann damit frei entscheiden, auf welche Spielform er gerade Lust hat. Auch Kinder, welche das Grundprinzip des Puzzles einmal verstanden und verinnerlicht haben, können sich sehr gut alleine mit einem Puzzle beschäftigen, ohne dass es das Zutun der Eltern bedarf.
Woher weiß ich, dass mein gewähltes Puzzle/ meine gewählte Puzzlegröße auch zum Entwicklungsstand meines Kindes passt?
Bei Puzzles gibt es, wie auch bei anderen Spielen, oftmals Altersempfehlungen, die als grobe Richtlinie interpretiert werden können. Besser ist aber, sein Kind einfach zu beobachten und zu schauen, wie gut es mit dem Spielzeug zurechtkommt und welche Fähigkeiten es bereits in seinem Alter besitzt. Kinder, die beispielsweise in Familien aufwachsen, in denen häufig und viel gepuzzelt wird, sind hier selbstverständlich auf einem ganz anderen Level als gleichaltrige Kinder aus Familien, in denen eher weniger gepuzzelt wird. So können manche mit fünf oder sechs Jahren schon große Teilezahlen zusammenfügen, während andere damit eher überfordert sind. Hier gibt es durchaus große Unterschiede in der Entwicklung.
Aber es führt ganz klar nichts daran vorbei, es einfach mal selbst auszuprobieren und zu schauen, wie sich sein Kind beim Puzzeln anstellt. Hier kristallisiert sich dann sehr schnell heraus, ob das Kind mit dem Motiv oder der Größe unter- oder überfordert ist. Der Schwierigkeitsgrad sollte dann entsprechend angepasst und langsam gesteigert werden.
Spielzeugauswahl
Welche Kriterien sind Eltern bei der Auswahl eines Spielzeugs für ihre Kinder wichtig?
Bei der Spielzeugauswahl ist sicherlich nicht nur ein einziger Punkt relevant, der alle anderen Entscheidungskriterien dominiert, sondern vielmehr ist es das Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Faktoren. Gängige Kriterien sind natürlich Punkte wie Ästhetik, Material und allgemeines Gefallen. Hier gibt es oft auch No-Gos, gerade bei Eltern, wie beispielsweise blinkendes und lärmendes Plastikspielzeug.
Ein wichtiger Punkt ist auch der Preis. In der Spielzeugindustrie gibt es oft große Preisspannen, die von ein paar Euro bis hin zu hunderten Euros gehen können. Manche Familien können sich schlichtweg bestimmte Produkte für ihre Kinder nicht leisten und überlegen sich alternative Methoden der Spielzeugbeschaffung, wie z.B. das Zusammenlegen in der Verwandtschaft.
Ein ganz wichtiger Faktor bei der Auswahl ist vor allem anderen das Kind selbst. Was möchte es, zu welchem Spielzeug fühlt es sich hingezogen, welche Empfehlungen bekommt es durch Freunde, Verwandte und die Medien? All das kann als Trigger bei den Kindern wirken und bestimmte Reize und Zuneigungen zu speziellen Spielzeugen auslösen.
Auch die eigene Beziehung zum Kind fließt in die Spielzeugwahl mit ein. Dem Kind etwas Gutes tun, ihm einen Wunsch erfüllen, es belohnen, oder einfach zusammen mit ihm eine schöne Zeit verbringen zu können durch ein bestimmtes Spiel oder Spielzeug ist für viele Erwachsene ein wichtiger Punkt.
Und nicht zuletzt können auch konkrete pädagogische Aspekte die Spielzeugauswahl beeinflussen. Hat das Kind z.B. in einem bestimmten Bereich Nachholbedarf, wie der Feinmotorik oder dem räumlichen Vorstellungsvermögen, kann es durchaus sinnvoll sein die Spielzeugauswahl exakt darauf anzupassen und durch das Spielen bestimmte Eigenschaften zu trainieren.
Alles in allem ist aber auch schon unheimlich viel gewonnen, wenn einigermaßen darauf geachtet wird, ob das gewählte Spielzeug das Kind interessiert und ob es gerne damit spielt. Und wenn das Kind dann letztendlich auch häufiger damit spielt, dann ist das Wichtigste erreicht, was man bei einer Spielzeugauswahl erreichen kann.
Greifen Eltern bei der Spielzeugauswahl eher auf bekannte Spiele, wie z.B. Puzzles, zurück, mit denen sie früher auch schon gespielt haben, oder entscheiden sie sich bewusst für ganz neue, ihnen vielleicht auch noch unbekannte Spiele?
Jeder hat gewisse Neigungen zu bestimmten Spielzeugen, sei es, weil man beispielsweise als Kind selbst schon gerne damit gespielt hat. Von daher genießen Puzzles natürlich auch schon ein gewisses Vertrauen. Das Spielprinzip ist im Grunde unverändert seit vielen Jahren, was auch eine hohe Sicherheit vermittelt, mit diesem Spiel nichts falsch zu machen.
In vielen von uns Erwachsenen schlummert oftmals auch noch ein Kind. Und das, was wir z.B. in Spielzeugkatalogen sehen, ist für uns zum Teil genauso ansprechend wie für die Kinder. Manche Erwachsene kaufen für ihr Kind auch ein gewisses Spielzeug, um sich den eigenen Spielzeugwunsch damit zu erfüllen. Zum Teil auch, weil es einem früher nicht zur Verfügung stand, oder es das einfach noch nicht gab.
Wählen Kinder eher ihnen vertrautes Spielzeug aus? Wecken Produkte mit bekannten Figuren, wie z.B. Benjamin Blümchen eher ein Gefühl der Vertrautheit und damit des Interesses als nicht gebrandete Produkte?
Branding und Lizensierung sind für Kinder bei der Spielzeugauswahl natürlich sehr relevant. Gerade wenn das Produkt bestimmte Figuren aus Film und Fernsehen oder auch Büchern aufgreift, löst das bei den Kleinen gleich ein gewisses Wiedererkennen aus und verschafft dem Produkt so einen Attraktivitätsschub. Wie wir aber auch in unserer Forschung sehen, haben Kinder bereits in jungen Jahren ein sehr gutes Gespür dafür, was sie denn letztendlich mit dem Spielzeug alles machen können und ob es ihnen liegt. Daher ist es auch spannend, sich mit den Kindern im Vorfeld des Spielzeugkaufs auszutauschen, was sie sich wünschen und was nicht und auch die Gründe dahinter zu erörtern. Durch das Anhören ihrer Argumentation kann Kindern auf dieser emotionalen Ebene auch oftmals ein bestimmtes Spielzeug schmackhaft gemacht werden, welches sie vielleicht im ersten Moment nicht ausgewählt hätten.
Und genau deshalb sollten auch gewisse Spielzeuge, wie z.B. das Puzzle, nicht von vorn herein abgeschrieben werden, nur weil das Kind bis jetzt noch nicht gepuzzelt hat. Vielleicht hat es auch einfach noch nicht den richtigen Zugang zu diesem Spiel gefunden oder noch nicht den richtigen Spielwert für sich darin gesehen. Hier können Eltern und Erzieher durchaus als Fürsprecher oder auch Vermittler agieren.
Wie wichtig sind Auszeichnungen bei der Spielzeugauswahl, wie z.B. Testsiegerlogos?
Derartige Logos oder Auszeichnungen haben durchaus das Potential ein wichtiges Entscheidungskriterium beim Spielzeugkauf zu sein. Gerade weil der Spielzeugmarkt so riesig ist, können sie für manche eine gute Orientierung sein und letztendlich vielleicht auch das Zünglein an der Waage bilden, welches zur Kaufentscheidung führt. Insbesondere Gütesiegel, die von vorn herein schon ein hohes Vertrauen genießen sind hier zum Teil eine willkommene Hilfestellung. Allerdings muss aber auch festgehalten werden, dass es kein einheitliches Gütesiegel gibt, das die breite Masse an Spielzeug abdeckt. Zudem sind viele Siegel selektiv und behandeln nur kleine Produktnischen. Von daher kann so eine Kennzeichnung auf Verpackungen ein positiv verstärkender Faktor sein, ist aber in keinem Fall zwingend. Wichtig ist vor allem, immer auf die Bedürfnisse des Kindes zu schauen. Denn selbst top ausgezeichnete Produkte kommen nicht bei jedem Kind gleich gut an.
Welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit in der Spielzeugauswahl?
Das Thema Nachhaltigkeit spielt in der Spielwarenindustrie, ebenso wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen, eine bedeutende Rolle. Gerade im Spielzeugbereich dominiert nach wie vor ganz klar Plastik. Jedoch wäre es falsch Plastikspielzeug von vorn herein in eine nicht nachhaltige Ecke zu stellen. Denn einen Aspekt hat Plastik vielen anderen Materialien voraus: die Langlebigkeit. Einige Plastik-Spielsachen sind keine Wegwerfprodukte, die nach dreimal spielen im Müll landen, sondern sie werden über viele Jahre zuhause aufgehoben und an folgende Generationen vererbt. Problematisch ist Plastik natürlich bei sehr kurzlebigen Spielzeugen, die schnell wieder entsorgt werden. Ebenso bei Spielzeugen, die schnell kaputt gehen, oder bei denen weder Kinder noch Eltern wissen, wie richtig damit gespielt wird und es daher letztendlich wegschmeißen.
Dem Wegwerfmarkt die Stirn zu bieten ist auch ein wichtiger Punkt in der Spielwarenindustrie. Aktiv neue Lösungsansätze dazu voranzutreiben, wie z.B. das Spielzeug-Sharing oder das Wiederverkaufen und Verleihen von nicht mehr genutzten Produkten ist hier ein großes Ziel. Gerade beim Puzzeln ist der Reiz ja oft, dieses einmal zu machen und sich dann ein neues zu holen. Es gibt hier ein unheimlich großes Potential, gerade im Bereich des Spielzeug-Sharings, allerdings stehen wir hier noch ganz am Anfang und es wird noch dauern, bis sich hier rentable Modelle großflächig durchsetzen.
Vielen herzlichen Dank Herr Dr. Mehringer für die ausführliche Beantwortung unserer Fragen!